Entrauschung mit KI in Lightroom Classic

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Nach DxO mit Deep­P­RIME und Topaz mit Denoi­se AI hat in der neu­en Ligh­t­room Clas­sic Ver­si­on 12.3 (und auch in Came­ra Raw v 15.3) von Ado­be zur Ent­rau­schung nun end­lich auch die Künst­li­che Intel­li­genz Ein­zug gehal­ten. Die­se wich­tigs­te Neue­rung der neu­en Ver­si­on ver­steckt sich unschein­bar im „Ent­wi­ckeln“ Modul im rech­ten Bedien­feld in der Sek­ti­on „Details“ im But­ton „Ent­rau­schen“:

Wenn man die Funk­ti­on erst­ma­lig aus­wählt, lädt Ligh­t­room zunächst Opti­mie­rungs­da­ten nach. Das geschieht recht rasch:

Danach öff­net sich eine moda­le Dialogbox:

Die Bedie­nung ist denk­bar ein­fach. Links wird ein auf etwa 250% ver­grö­ßer­ter Aus­schnitt des Bil­des gezeigt. Den Aus­schnitt kann man mit der Maus ver­schie­ben. Die Lupe in rech­ten unte­ren Ecke des Vor­schau­bil­des schal­tet zwi­schen einer Ganz­bild- und einer Aus­schnitts­an­sicht um. Mit dem Schie­be­reg­ler rechts oben kann man die Stär­ke der Ent­rau­schung aus­wäh­len. Das Ergeb­nis wird im Aus­schnitt links ent­spre­chend geupdated. 

Zum Test habe ich wie­der das Foto unse­res Katers Tom ver­wen­det, das bereits unter ande­rem für den Test von Deep­P­RIME XP in Pho­to­Lab 6 her­hal­ten muss­te. Das Bild stellt einen ech­ten Här­te­test für die Rausch­min­de­rung dar. Es wur­de mit ISO 12.800 auf­ge­nom­men und ist dabei trotz­dem noch um gut eine Blen­den­stu­fe unter­be­lich­tet gewe­sen, da ich den Auto-ISO Bereich mei­ner Canon EOS R5 auf 100-12.800 beschränk habe. Somit han­delt es sich im Prin­zip um eine Auf­nah­men bei ISO 25.600! 

Hier zunächst ein Ver­gleich des neu­en KI-basier­ten Ver­fah­rens (rechts) mit der nor­ma­len Ligh­t­room Ent­rau­schung (links). Das Ergeb­nis kann sich durch­aus sehen las­sen, oder?

Ver­gleich der Ent­rau­schung in Ligh­t­room ohne (links) und mit KI (rechts), 200% Crop

Die KI-Rou­ti­nen benö­ti­gen, wie bei den ande­ren Pro­gram­men, auch bei Ligh­t­room reich­lich Rechen­leis­tung der Gra­fik­kar­te. Auf mei­nem Lap­top mit i9 11980HK, 64GB RAM und GeForce RTX 3080 mit 8GB GDDR6 SDRAM dau­ert die Ver­ar­bei­tung eines 45 Mega­pi­xel Bil­des mei­ner Canon EOS R5 ca. 25 Sekun­den. Wenn kei­ne poten­te Gra­fik­kar­te vor­han­den ist, wird die KI-Ent­rau­schung in Ligh­t­room jedoch zu einer argen Gedulds­pro­be. Mit der inte­grier­ten Intel Pro­zes­sor­gra­fik mei­nes Lap­tops ver­an­schlag­te Ligh­t­room sat­te 25 Minu­ten für den Vor­gang. Ich habe den tat­säch­li­chen Bedarf aller­dings nicht nach­ge­mes­sen, dazu fehl­te mir die Geduld. 

Bei der Ent­rau­schung erstellt Ligh­t­ro­omn übri­gens genau wie DxO Deep­P­RIME eine neue linea­re DNG-Datei, die lei­der auch unge­fähr eben­so groß ist (bei mei­ner R5 ca. 220-240 Mega­byte). Dies ist offen­bar not­wen­dig, da die kom­ple­xen Berech­nun­gen der KI sehr zeit­in­ten­siv sind und daher nicht wie die übri­gen Bear­bei­tungs­schrit­te an der RAW-Datei neben­bei erle­digt wer­den können.

Als bis­her gro­ßer Fan von DxOs Deep­P­RIME Algo­rith­men habe ich die neue in Ligh­t­room inte­grier­te KI-Ent­rau­schung natür­lich auch damit verglichen:

Ver­gleich der KI-Ent­rau­schung in Ligh­t­room (links) mit Deep­P­RIME XD (rechts), 200% Crop

Bei genau­er Betrach­tung holt Deep­P­RIME XD zumin­dest bei Betrach­tung in der 200% Ver­grö­ße­rung doch noch etwas mehr Details her­aus. Der Unter­schied ist jedoch ins­ge­samt erstaun­lich gering. Ob die­ser Unter­schied aus­reicht, um ein wei­te­res teu­res Pro­gramm zu erwer­ben und den Work­flow jeweils für das Denoi­sing mit dem DxO Ligh­t­room-Plug­in zu unter­bre­chen, muss jeder für sich entscheiden. 

Da ich Deep­P­RIME in Pho­to­Lab 6 bereits besit­ze, stellt sich für mich die Fra­ge nicht. In vie­len Fäl­le wer­de ich nun sicher direkt die Ligh­t­room Funk­ti­on nut­zen, die­se inte­griert sich natur­ge­mäß flüs­si­ger in mei­nen gewohn­ten Work­flow. Für spe­zi­el­le sehr kri­ti­sche Fäl­le habe ich dann immer noch Deep­P­RIME als Alter­na­ti­ve verfügbar.

Übri­gens teilt der neue Ligh­t­room KI-Algo­rith­mus noch eine wei­te­re Eigen­art mit DxOs Deep­P­RIME: er arbei­tet nicht mit allen von Ligh­t­room unter­stütz­ten RAW-Datei­en zusam­men. Über­prüft habe ich das z.B. mit den DNG Datei­en mei­nes iPho­ne 12Pro - die­se wer­den für die KI-basier­te Rausch­min­de­rung von bei­den Pro­gram­men nicht unter­stützt. Mit den DNG-Datei­en mei­ner DJI Mini 3 Pro Droh­ne kom­men erfreu­li­cher­wei­se bei­de jedoch zurecht.

Weitere Features der Version 12.3

Neben der deut­lich ver­bes­ser­ten Rauch­min­de­rung ent­hält die neue Ver­si­on 12.3 von Ligh­t­room Clas­sic noch eini­ge wei­te­re Verbesserungen:

Maskierung

Die auto­ma­ti­sche Per­so­nen­mas­ke, die Per­so­nen im Bild per KI loka­li­siert, kann bei die­sen nun auch zusätz­lich Gesichts­be­haa­rung (Bär­te) und Klei­dung erken­nen und maskieren.

Zudem unter­stützt die Mas­kie­rung jetzt auch die Ein­stel­lung der Gradationskurve.

Was ich jetzt noch ver­mis­se, ist eine Fein-Ein­stel­lung der Far­ben (HSL) in den mas­kier­ten Berei­chen, aber das kommt ja viel­leicht noch spä­ter in Ver­si­on 12.4 😉.

Weitere Verbesserungen

In Ver­si­on 12.3 mar­kiert Ligh­t­room Clas­sic nun auch die Ein­stel­lun­gen, bei denen Ände­run­gen vor­ge­nom­men wurden. 

Im obi­gen Bespiel zei­gen die Punk­te unter­halb der Bear­bei­tungs­sym­bo­le an, dass das Bild bear­bei­tet, gecroppt, repa­riert und mas­kiert wur­de. Der rote Punkt unter­halb des Repa­ra­tur-Sym­bols gibt hier an, dass eine auto­ma­ti­sche Repa­ra­tur noch ein­mal aktua­li­siert wer­den muss.

Links in den ein­zel­nen Bear­bei­tungs­pa­nels zeigt nun ein Augen­sym­bol an, ob dort Bear­bei­tun­gen durch­ge­führt wur­den (hell) oder nicht (dun­kel). Wenn man ein hel­les Augen­sym­bol mit der Maus anklickt, so wird die ent­spre­chen­de Bear­bei­tung tem­po­rär aus­ge­blen­det. Um die­se dau­er­haft zu deak­ti­vie­ren oder erneut zu akti­vie­ren, muss nun zusätz­lich in Win­dows die ALT-Tas­te gedrückt wer­den. Ein deak­ti­vier­tes Panel wird durch ein durch­ge­stri­che­nes Augen­sym­bol markiert.

Zudem unter­stützt die neue Ver­si­on wie­der neue­re Kame­ra- und Objek­tiv­mo­del­le. Eine Lis­te der unter­stüt­zen Kame­ras und Objek­ti­ve fin­det sich wie immer direkt bei Adobe:

Lis­te der von Ligh­t­room unter­stüt­zen Kameras

Lis­te der von Ligh­t­room unter­stüt­zen Objektive

Resumée

Es ist sehr erfreu­lich, dass Ligh­t­room wei­ter­hin regel­mä­ßig wei­ter­ent­wi­ckelt wird. Mit der neu­en KI-basier­ten Rausch­min­de­rung hat das Pro­gramm nun auch einen mei­ner letz­ten Kri­tik­punk­te abge­stellt und auch im Bereich der Rausch­min­de­rung zu den Kon­ku­renz-Pro­duk­ten aufgeschlossen. 

Zwar gab es bereits zuvor für Ligh­t­room Clas­sic diver­se Plug-ins zur Ent­rau­schung, die auch gut funk­tio­nier­ten. Die­se kos­te­ten jedoch in etwa soviel wie ein ein­jäh­ri­ges Foto-Abo von Ligh­t­room und Pho­to­shop. Zudem unter­bra­chen die Plug-ins immer wie­der den flüs­si­gen Workflow. 

Alles in allem bleibt Ado­be Ligh­t­room Clas­sic wei­ter­hin mei­ner Ansicht nach unge­schla­gen, was Ver­ar­bei­tungs­ge­schwin­dig­keit, Bedie­nungs­kom­fort und Funk­ti­ons­um­fang der Foto­be­ar­bei­tung betrifft. Äus­serst kom­for­ta­bel ist auch die über die Ado­be-Cloud rea­li­sier­te bidi­rek­tio­na­le Anbin­dung von Tablets, Mobil­te­le­fo­nen oder auch belie­bi­gen PCs über Web­brow­ser. Auch die inte­grier­te umfang­rei­che Foto­ver­wal­tung sucht man bei den ande­ren Kon­kur­ren­ten meist ver­geb­lich. Ich orga­ni­sie­re damit mei­ne gesam­te digi­ta­le Foto­samm­lung mit mehr als 200.000 Auf­nah­men aus über 20 Jahren.

Und wenn wirk­lich in weni­gen Fäl­len ein­mal eine Bear­bei­tung nicht direkt in Ligh­t­room gelingt, ist im Ado­be Foto-Abo ja auch noch die aktu­el­le Ver­si­on von Pho­to­shop ent­hal­ten - damit ist dann fast alles möglich.

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Bertho

    Wel­che tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen sind da in Zukunft hilf­reich (CPU, GPU)?
    Ado­be gibt jeweils nur Min­dest­vor­aus­set­zun­gen zum klas­si­schen Betrieb an. Wenn dann bei­spiels­wei­se Ent­rau­schen eines Bil­des 2 Minu­ten dau­ert, ist ja nicht viel gewonnen.

    1. Hal­lo Thomas,

      wich­tig ist vor allem die GPU. Mit mei­ner nVi­dia Lap­top-RTX 3080 dau­ert die Ent­rau­schung einer 45MPixel RAW Datei mei­ner Canon EOS R5 in Ligh­t­room ca. 15-20 Sekun­den. Ich habe es nun auch ein­mal mit der ein­ge­bau­ten Intel UHD GPU mei­nes i9 11980HK Pro­zes­sors aus­pro­biert, damit dau­ert die Ent­rau­schung bei der­sel­ben Datei geschla­ge­ne 8 Minuten!

  2. Uwe

    Nach­dem die Kat­ja Sei­del von nacht-lichter.de so von der der neu­en Ver­si­on geschwärmt hat habe ich mal noch biss­chen aus­führ­li­cher mit Ster­nen­him­mel-Bil­dern getes­tet. Und sie hat lei­der recht: Ado­be ent­rauscht hier ver­dammt gut, ohne Arte­fak­te zu pro­du­zie­ren. IMHO deut­lich bes­ser als die Mit­be­wer­ber. Schon beeindruckend.

  3. Uwe

    Ado­be macht hier viel rich­tig. Gute Pro­dukt­pfle­ge. Und die KI-Denoi­se muss sich nicht ver­ste­cken! Ich habe mir ges­tern mal das neue LrC und des­sen KI-Ent­rau­schen näher ange­se­hen und biss­chen mit DXO Pure­RAW 3 und TopazLabs Pho­to­AI 1.2.9 (nur DeNoi­sing) gespielt/verglichen. Das Ergeb­nis von LrC gar­nicht mal soooo schlecht. Vom rei­nen Ent­rau­schen her ist das durch­aus mit den ande­ren Tools auf Augen­hö­he. Die Ande­ren kön­nen halt bei Bedarf auch noch an der Schär­fe dre­hen, was die LR-KI so nicht kann. Noch nicht. Für vie­le Fäl­le trotz­dem sicher aus­rei­chend. Für lau dazu kann man nicht meckern.

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