Gestern hat Canon die bereits in der Gerüchteküche angekündigte Video-Version der EOS R5 vorgestellt: die EOS R5C.
Auch wenn Video nicht mein primäres Interessensgebiet darstellt, ist die neue Kamera dennoch sehr interessant. Bereits bei der Vorstellung der Canon EOS R5 wurde primär die neue Video-Fähigkeit beworben. Die R5 war die erste Vollformat Systemkamera, die Videos im 8k Format aufnehmen konnte.
Dennoch war es primär eine Kamera, die für die Fotografie konzipiert wurde und in diesem Bereich auch hervorragende Ergebnisse erzielte. Ich möchte hier nur die hohe Auflösung von 45 Megapixeln bei einer maximalen Serienbildfrequenz von 20 Bildern / Sekunde und das hervorragende Dual-Pixel-AF-System mit Augen / Körpererkennung bei Menschen und Tieren erwähnen. Ich verwende die Canon EOS R5 seit Mitte 2020 und bin von den Ergebnissen weiterhin sehr angetan.
Dennoch wurde die Kamera rasch dafür kritisiert, dass sie in den hochauflösenden Video-Modi nach einiger Zeit wegen Überhitzung die Aufnahmen beenden musste. Das ist ein Problem auch vieler anderer Kameras. Professionelle hochauflösende Video-Kameras, wie z.B. die Panasonic S1H und die bisherigen Canon Cinema Kameras, verwenden aus diesem Grund einen aktiven Lüfter, um den Sensor zu kühlen.
Auch wenn die Aufzeichnungsdauer und Abkühlzeit im Videomodus der R5 durch Firmware-Updates verbessert werden konnte, blieb das grundsätzliche Problem immer in aller Munde. Völlig zu Unrecht meiner Ansicht nach, da die Video-Funktion nie das geplante primäre Einsatzgebiet der R5 war. Aber Canon hat reagiert und liefert nun eine Version der R5, die für den Video-Betrieb optimiert wurde: die Canon EOS R5C (C wie Cinema).
Was hat Canon bei der R5C geändert?
Die auffälligste Änderung der neuen Kamera ist offensichtlich, wenn man sie ansieht: sie hat nun eine zwischen Sensor und Display positionierte aktive Kühlung. Diese ermöglicht nun eine unbegrenzte Aufzeichnungsdauer im Videobetrieb. Auch das bei der R5 in allen Video-Modi bestehende Aufzeichnungszeitlimit von 29 Minuten entfällt. Die aktive Kühlung erhöht die Gehäusetiefe um 22,5mm und das Gewicht gegenüber der R5 um 30g.
Weitere Änderungen betreffen die Tasten und Schalter. So hat die R5C nun einen Schalter auf der linken Schulter mit dem zwischen Video und Fotomodus umgeschaltet werden kann. Die übrigen Schalter bleiben an der gewohnten Position, wurden aber neu beschriftet, der Auslöser ist nun rot. Die Zubehörteile der R5, auch der Batteriegriff, können weiter verwendet werden. Der Blitz- / Zubehörschuh wurde erweitert, er enthält nun die zusätzlichen Kontakte der R3, so dass ein XLR-Audioadapter oder ein Mikrofon ohne weitere Verkablung dort angeschlossen werden kann. Ausserdem verfügt die R5C über eine separate Timecode-Buchse, die die Synchronisation mehrerer Kameras erlaubt.
Als Fotokamera
Im Fotomodus ist die R5C weitestgehend identisch zur R5 zu bedienen, eine wesentliche Änderung hat sich jedoch durch die aktive Sensorkühlung ergeben: die Sensorstabilisierung (IBIS) der R5 entfällt bei der R5C.
Als Video-Kamera
Im Video-Modus ändert sich offenbar die Menustruktur gegenüber der R5 stark. Die R5C unterstützt dann die Menu-Struktur der größeren Canon-Cinema-Kameras. Auch die Video-spezifischen Funktionen wie eine Wave-Form-Anzeige oder die Belichtungszeitwahl über die 180° Regel wurden implementiert.
Die R5C unterstützt die Canon Cinema-Raw-Light-Codecs der übrigen Canon Cinema Kameras in bis zu 12 Bit Auflösung, C-Log3 und erlaubt im Gegensatz zur R5 nun sogar Videoaufnahmen in 8K/60P. Wegen der dabei erhöhten Stromaufnahme steht dann allerdings eine Kontrolle der elektronischen Objektivfunktionen (Blende und ggf. Focus by Wire) nur zur Verfügung, wenn eine externe Stromversorgung angeschlossen ist. Manuelle Objektive funktionieren jedoch auch ohne sie.
Wie oben bereits geschrieben, entfällt bei der R5C der IBIS. Wenn eine Video-Stabilisierung gewünscht ist, muss diese durch die Objektive oder eine Gimbal-Nutzung erfolgen. Die R5C erlaubt aber auch eine elektronische Stabilisierung im Video-Modus, dazu wird jedoch nur ein Ausschnitt des Sensors genutzt, was einen Crop-Faktor von 1,1 ergibt.
Der Preis ist heiss…
Die Zweitveröffentlichung einer Fotokamera in einer Video-Version hat bei Canon Geschichte. Erstmalig wurde von Canon eine solche im Dezember 2012 vorgestellt: die Canon EOS 1D C.
Es handelte sich dabei um eine um Video-Funktionen erweiterte Spezialversion der EOS 1DX, die Anfang 2012 ausgeliefert wurde. Die 1DC unterstützte Video in 4k 24/25p. Canon ließ sich diese Funktionserweiterung allerdings damals fürstlich bezahlen. Die 1DC war mehr als doppelt so teuer (anfänglich 15.000 US$) wie die auch nicht gerade preiswerte 1DX (6.800 US$).
Somit waren meine Befürchtungen bezüglich des Preisniveaus der R5C hoch. Jedoch völlig zu Unrecht: Der Preisaufschlag für die Video-Funktionen beträgt 500€ / 600$ und ist in Anbetracht der deutlich erweiterten Möglichkeiten als sehr günstig einzuschätzen. Die R5C hat einen empfohlenen Verkaufspreis von €4.999 / $4.499
Werde ich mir die R5C zulegen?
Da ich weiterhin im wesentlichen an der Fotografie interessiert bin und nur sehr wenig filme, reichen mir die Video-Funktionen meiner R5 derzeit völlig aus. Ein Nachteil für mich bei der R5C wäre auch das Fehlen des IBIS. Auch ist anzunehmen, dass die Abdichtung der R5C durch das Belüftungssystem beeinträchtigt ist und sie somit nicht so wetterfest wie die R5 sein dürfte. Somit bleibe ich bei meiner R5, freue mich aber sehr, dass die Video-Schwester da und gut gelungen ist.
Wem hingegen Video-Funktionen wichtiger sind als mir, dem kann ich sehr zur R5C raten. Der fehlende IBIS kann ggf. durch optisch stabilisierte Objektive ausgeglichen werden, ansonsten erhält man eine sehr gute Fotokamera mit profesionellen Videofunktionen zu einem derzeit unschlagbar günstigen Preis.